Landesschülervertretung Thüringen kritisiert Vorstoß des Durchschnittsabiturs

Pressemitteilung

Landesschülervertretung Thüringen kritisiert Vorstoß des Durchschnittsabiturs

Erklärung der Landesschülervertretung Thüringen zu den aktuellen Entwicklungen im Bildungsbereich während der Corona-Pandemie

Die Coronakrise beschäftigt das Bildungssystem auf allen Ebenen und sorgt für viele Ungewissheiten und Probleme bei allen an Bildung Beteiligten. Besonders die Vorgehensweisen bei geplanten Prüfungsvorgängen sind durch die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus und den daraus folgenden Schulschließungen ungewiss. Den derzeitigen Vorstoß aus Schleswig-Holstein zur Erstellung eines Abiturs aus den Noten der letzten vier Semester und ohne Prüfungen lehnt die Landesschülervertretung Thüringen im Moment entschieden ab.

Thüringer Schülerinnen und Schüler sind nicht ausreichend informiert

Die derzeitige Situation ist für alle Schülerinnen und Schüler, die in diesem Jahr Prüfungen schreiben, fatal: Die geplanten Abiturprüfungen sind verschoben, jedoch auf ungewisse Zeit. Zu allen weiteren Prüfungen wurden noch keine Aussagen getroffen, obwohl sie sich terminlich nur gering zu den Abiturprüfungen unterscheiden und nicht weniger wichtig zu betrachten sind. Dies sorgt für eine Ungewissheit in der gesamten Thüringer Schülerschaft über die berufsrelevanten und entscheidenden Abschlussprüfungen.

„Uns ist die derzeitige Lage bewusst, in der es schwierig bis gar nicht möglich ist, langfristige Entscheidungen zu treffen, aber wir müssen den Schülerinnen und Schülern trotzdem eine gewisse Sicherheit geben. Die Abschlussprüfungen sind immerhin relevant für die gesamte berufliche Zukunft und somit das ganze zukünftige Leben jeder Schülerin und jedes Schülers“, so Selma Konrad, Vorsitzende der Landesschülervertretung Thüringen, zum derzeitigen Informationsstand in Thüringens Schülerschaft. Im Moment sei es nötig, so Selma Konrad weiter, Fristen und Bedingungen festzulegen, nach denen verfahren werden kann. So soll den betroffenen Schülerinnen und Schülern Sicherheit gegeben werden, indem das Bildungsministerium in Abhängigkeit der Wiederaufnahme des Schulbetriebs klare Prüfungstermine festlegt und veröffentlicht.

„Sicherheit und Klarheit in dieser Zeit zu geben, ist, neben der Priorisierung der Gesundheit an erster Stelle, das wichtigste, was momentan gemacht werden muss“, so Selma Konrad.

Um eine basisnahe Arbeit zu gewährleisten, Veranstaltungen zur inhaltlichen Auseinandersetzung und der Erarbeitung inhaltlicher Positionen sowie die Durchführung zweier Landesschülertage im Jahr durchzuführen, ohne dabei die interne Arbeit der Landesschülervertretung mit Plenartagungen oder Arbeitssitzungen zu vernachlässigen, wird ein Überdenken der aktuell verfügbaren finanziellen Ressourcen dringend nötig sein. Dazu werden in nächster Zeit weiter Gespräche geführt werden.

Durchschnittsabitur im Moment nicht der richtige Weg

Entsprechend des Vorschlags nach einer klaren Strukturierung des weiteren Vorgehens mit verschiedenen Möglichkeiten und Terminen sieht die Landesschülervertretung Thüringen die durch Schleswig-Holstein vorgeschlagene Lösung momentan als in keinem Fall gewinnbringend und als überstürzt an. Selbst bei einer Anerkennung eines solchen Abiturs durch alle Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland würde dieses Vorgehen einen erheblichen Nachteil für die Schülerinnen und Schüler dieses Abiturjahrgangs mit sich bringen. Angefangen von der nicht dagewesenen Prüfungssituation, die auch auf das Studium vorbereiten soll, bis hin zur möglichen Nicht-Anerkennung des Abschlusses außerhalb Deutschlands oder einer schlechteren Beurteilung der Schülerinnen und Schüler durch Firmen auch innerhalb der Bundesrepublik gibt es viele Aspekte, die sich nachhaltig schlecht auf die Zukunft der Absolventinnen und Absolventen auswirken können. Aus diesem Grund darf die Möglichkeit eines Durchschnittsabiturs nur an aller letzter Stelle des Möglichkeitenkataloges stehen, der transparent und schnellstmöglich erarbeitet und veröffentlicht werden muss.

Bundesweite Lösungen sind nötig

Da das Coronavirus nicht auf Ländergrenzen achtgibt, sind bundesweit einheitliche Lösungen zu treffen. Durch die unterschiedlichen Grundvoraussetzungen in den verschiedenen Bundesländern, bedingt durch den Bildungsföderalismus, sind einheitliche Lösungen nicht leicht zu beschließen. Allerdings macht die derzeitige Situation erneut deutlich, wie wichtig die Vernetzung der Bundesländer in Deutschland im Bereich der Bildung ist. Ein nationaler Bildungsrat, wie er fast entstanden wäre, würde in dieser Zeit eine große Hilfe sein, um der Unübersichtlichkeit an Maßnahmen und Möglichkeiten aller verschiedenen 16 Bundesländer entgegenzuwirken. Diese Situation sollte ein Appell sein, auf Bundesebene mehr gemeinsam für die Bildung in den einzelnen Ländern zu unternehmen.

Schülerinnen und Schüler müssen in Entscheidungsfindungen einbezogen werden

Auch bei schnell zu treffenden und notwendigen Entscheidungen müssen die Beteiligten an Schulen, insbesondere die direkt Betroffenen – Schülerinnen und Schüler, in den Prozess eingebunden werden. Die aktuelle Situation ist nicht dazu da, die Mitwirkungsgremien bei Entscheidungen außen vor zu lassen, sondern sollte gerade die Möglichkeit eröffnen, neue Wege der Kommunikation mit der Vertretung der Schülerinnen und Schüler des Freistaats Thüringen einzugehen. Deswegen appelliert die Landesschülervertretung abschließend erneut für eine Einbeziehung der Mitwirkungsgremien im Krisenstab zur Coronakrise. Nur so können Lösungen gefunden werden, die ausreichend durchdacht und bestmöglich umgesetzt sind.

Ähnliche Beiträge

2 Kommentare

  1. Ich verstehe, dass ein Durchschnittsabitur Nachteile hätte, aber es hätte auch viele Vorteile – ein paar findet ihr hier: https://twitter.com/airamu_maria/status/1242503096527446016
    Angefangen davon, dass die Situation für Abiturienten im Moment sehr schwierig ist, vielfacht nicht tragbar (aus den unterschiedlichsten Gründen). Aber nicht nur das, es würden auch massig gesellschaftliche Ressourcen frei, wenn Schüler aus Abschlussklassen ihre Zeit damit verbringen können, ihrer Familie, Risikogruppen, dem Gesundheitsamt oder dem Krankenhaus zu helfen.
    Bitte bedenkt das, bevor ihr sagt, dass ein Durchschnittsabitur keinerlei Vorteile brächte – so werdet ihr nämlich jetzt in allen Medien zitiert. Danke!

    1. Es gibt unsererseits eine klare Position. Darin heißt es, dass wir vor allem zu viele Nachteile bei der Durchführung des Durchschnittsabiturs sehen. Das bedeutet nicht, dass es nicht auf Vorteile geben kann, allerdings überwiegen, gerade langfristig gesehen, eben die Nachteile. Aus diesem Grund sagen wir als Schülervertretung auf Landesebene, dass erst alle anderen Wege gegangen werden sollten, bevor es zum Durchschnittsabitur kommt – das Abitur ohne Prüfungen soll also DER LETZTE SCHRITT sein, nachdem die Bedingungen für die anderen Möglichkeiten alle nicht erfüllt werden können. Im Moment können die Bedingungen (beispielsweise drei bis vier Wochen Vorbereitungszeit in der Schule) allerdings noch erfüllt werden, was auch die Kultusministerkonferenz so sieht.
      Diese Zeiten benötigen nun mal aktuelle, schnelle und der Situation angepasste dynamische Schritte. Deswegen warnen wir ausdrücklich davor, sich bereits jetzt auf ein Durchschnittsabitur festzulegen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert